Kaffee gehört für viele Menschen zum täglichen Leben: Er weckt auf, steigert die Konzentration und ist ein beliebter sozialer Begleiter. Gleichzeitig rückt die Gesundheit immer stärker in den Fokus – insbesondere Herz-Kreislauf-Erkrankungen und damit verbundene Risikofaktoren wie erhöhte Cholesterinwerte. In diesem Zusammenhang stellt sich eine wichtige Frage: Kann Koffein beziehungsweise Kaffee die Cholesterinwerte tatsächlich beeinflussen?
Die Antwort ist differenziert. Nicht nur das Koffein spielt eine Rolle, sondern vor allem die Art der Zubereitung, die enthaltenen Inhaltsstoffe und der individuelle Lebensstil. Im Folgenden erfährst du, was die Wissenschaft dazu sagt, worauf du im Alltag achten solltest und wie du Kaffee genießen kannst, ohne deine Cholesterinwerte unnötig zu belasten.
Cholesterin kurz erklärt: Warum ist es so wichtig?
Um zu verstehen, wie Koffein und Kaffee auf die Cholesterinwerte wirken, lohnt ein kurzer Blick auf die Grundlagen. Cholesterin ist ein fettähnlicher Stoff, der im Körper viele lebenswichtige Aufgaben erfüllt. Es ist ein Baustein für Zellmembranen, dient als Ausgangsstoff für Hormone und ist wichtig für die Produktion von Gallensäuren.
Im Blut wird Cholesterin über Lipoproteine transportiert. Besonders relevant sind dabei:
- LDL-Cholesterin (Low Density Lipoprotein): Wird oft als „schlechtes“ Cholesterin bezeichnet, da erhöhte Werte mit einem höheren Risiko für Arteriosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden sind.
- HDL-Cholesterin (High Density Lipoprotein): Gilt als „gutes“ Cholesterin, weil es überschüssiges Cholesterin aus den Gefäßen zurück zur Leber transportiert.
- Gesamtcholesterin: Summiert verschiedene Cholesterinfraktionen und dient als grober Orientierungswert.
Ein dauerhaft ungünstiges Verhältnis von LDL zu HDL kann die Bildung von Ablagerungen in den Gefäßen begünstigen. Deshalb achten Ärztinnen und Ärzte bei Blutuntersuchungen besonders auf diese Werte – und viele Menschen fragen sich, welche Rolle Kaffee und Koffein dabei spielen.
Koffein versus Kaffee: Ein wichtiger Unterschied
Oft wird Koffein mit Kaffee gleichgesetzt, doch aus gesundheitlicher Sicht ist das zu kurz gedacht. Koffein ist lediglich eine einzelne Substanz, die in Kaffee, Tee, Energy-Drinks, Cola und sogar in Schokolade vorkommt. Kaffee selbst ist jedoch ein komplexes Gemisch aus hunderten Inhaltsstoffen.
Dazu zählen neben Koffein unter anderem:
- Diterpene wie Cafestol und Kahweol
- Polyphenole und andere Antioxidantien
- Mineralstoffe und geringe Mengen Vitamine
Vor allem die Diterpene Cafestol und Kahweol stehen im Verdacht, die Cholesterinwerte zu erhöhen. Sie sind nicht direkt an das Koffein gebunden, sondern an das Fett des Kaffees und werden je nach Zubereitungsart in unterschiedlicher Menge in das Getränk übertragen. Koffein alleine scheint nach aktuellem Wissensstand keinen stark direkten Effekt auf das Cholesterin zu haben, doch das Gesamtprodukt Kaffee kann sehr wohl eine Rolle spielen.
Cafestol und Kahweol: Der zentrale Faktor für das Cholesterin
Mehrere Studien zeigen, dass vor allem zwei Kaffee-Inhaltsstoffe – Cafestol und Kahweol – das Cholesterin beeinflussen können. Diese Diterpene kommen im Kaffeebohnenöl vor. Sie wirken unter anderem auf die Leber, indem sie die Regulation des Cholesterinstoffwechsels beeinflussen. Das führt bei regelmäßiger, hoher Aufnahme dazu, dass sowohl das Gesamtcholesterin als auch das LDL-Cholesterin ansteigen können.
Der entscheidende Punkt: Wie viel Cafestol und Kahweol in der Tasse landen, hängt stark von der Zubereitungsart ab. Nicht der Koffeingehalt entscheidet, sondern die Frage, ob das Kaffeeöl durch einen Filter zurückgehalten wird oder nicht.
Zubereitungsarten: Welche Kaffeeform beeinflusst die Cholesterinwerte am stärksten?
Nicht jeder Kaffee ist aus Cholesterin-Sicht gleich. Einige Zubereitungsarten führen zu deutlich höheren Diterpen-Mengen im Getränk, andere halten einen Großteil davon zurück. Hier ein Überblick über die wichtigsten Varianten:
- Filterkaffee (Papierfilter): Klassischer Filterkaffee aus der Maschine oder Handfilter enthält nur sehr geringe Mengen an Cafestol und Kahweol. Der Papierfilter hält den Großteil des Kaffeeöls zurück. Studien zeigen, dass regelmäßiger Konsum von Filterkaffee die Cholesterinwerte in der Regel nicht signifikant erhöht.
- Espresso: Espresso enthält mehr Diterpene als Filterkaffee, aber weniger als ungefilterter Kaffee. Die Durchlaufzeit ist kurz, und es wird kein Papierfilter verwendet, sodass ein Teil des Kaffeeöls in der Tasse landet. In moderaten Mengen scheint Espresso bei den meisten Menschen jedoch keinen dramatischen Effekt auf das Cholesterin zu haben.
- French Press (Pressstempelkanne): Bei dieser Methode wird der Kaffee grob gemahlen und direkt im Wasser aufgebrüht, ohne Papierfilter. Das Kaffeeöl bleibt weitgehend im Getränk. French-Press-Kaffee kann daher spürbar höhere Mengen Cafestol und Kahweol enthalten und bei regelmäßig hohem Konsum zur Erhöhung von LDL- und Gesamtcholesterin beitragen.
- Türkischer/Griechischer Kaffee: Ähnlich wie bei der French Press wird der Kaffee sehr fein gemahlen, im Wasser aufgekocht und ohne Filter serviert. Auch hier gelangt viel Kaffeeöl in die Tasse. Studien deuten darauf hin, dass gerade dieser ungefilterte Kaffee die Cholesterinwerte am stärksten beeinflussen kann.
- Instantkaffee: Instantkaffee enthält in der Regel nur geringe Mengen an Diterpenen, da diese bei der industriellen Verarbeitung zum Teil entfernt werden. Der Effekt auf die Cholesterinwerte gilt als eher gering.
Deutlich wird: Die Frage, ob Kaffee die Cholesterinwerte beeinflusst, ist untrennbar mit der Zubereitungsart verbunden. Wer ohnehin erhöhte Werte hat oder ein hohes Herz-Kreislauf-Risiko, sollte ungefilterte Kaffeesorten nur in Maßen konsumieren.
Welche Rolle spielt Koffein selbst?
Im Vergleich zu Cafestol und Kahweol ist die Rolle von Koffein für die Cholesterinwerte eher indirekt. Koffein wirkt stimulierend auf das zentrale Nervensystem, steigert kurzfristig Puls und Blutdruck und kann den Stoffwechsel leicht anregen. Ein direkter, starker Effekt speziell auf LDL- oder HDL-Cholesterin ist bislang jedoch nicht eindeutig belegt.
Dennoch gibt es einige indirekte Zusammenhänge:
- Blutdruck: Erhöhter Blutdruck ist ein weiterer Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Menschen mit Bluthochdruck sollten den Koffeinkonsum generell im Auge behalten.
- Schlaf und Stress: Zu viel Koffein – vor allem am Abend – kann den Schlaf stören. Chronischer Schlafmangel und Stress beeinflussen wiederum Stoffwechselprozesse und können langfristig auch die Fett- und Cholesterinwerte negativ beeinflussen.
- Begleitende Gewohnheiten: Kaffee wird oft mit Zucker, Sahne, süßem Gebäck oder Snacks konsumiert. Diese zusätzlichen Kalorien und gesättigten Fette können die Cholesterinwerte deutlich stärker erhöhen als das Koffein selbst.
Unter dem Strich ist Koffein allein selten der Haupttreiber für veränderte Cholesterinwerte. Viel wichtiger sind die Kaffeezubereitung, die Gesamtmenge und der Lebensstil rund um den Kaffeekonsum.
Positive Effekte von Kaffee auf die Gesundheit
Bei aller Diskussion um Cholesterin und Diterpene sollte nicht vergessen werden, dass Kaffee auch zahlreiche potenziell positive Effekte mit sich bringt. In vielen Beobachtungsstudien wurde gezeigt, dass moderater Kaffeekonsum mit einem geringeren Risiko für bestimmte Erkrankungen verbunden sein kann.
Zu den diskutierten Vorteilen gehören unter anderem:
- Antioxidative Wirkung: Kaffee enthält viele Polyphenole und andere Antioxidantien, die freie Radikale neutralisieren und Entzündungsprozesse im Körper beeinflussen können.
- Stoffwechsel: Einige Studien deuten darauf hin, dass regelmäßiger Kaffeekonsum mit einem geringeren Risiko für Typ-2-Diabetes assoziiert sein könnte.
- Lebergesundheit: Kaffee wird häufig mit einem geringeren Risiko für bestimmte Lebererkrankungen in Verbindung gebracht.
Diese positiven Aspekte bedeuten nicht, dass Kaffee eine „Medizin“ ist oder unkritisch in jeder Menge konsumiert werden sollte. Sie zeigen aber, dass Kaffee – insbesondere in gefilterter Form – im Rahmen eines gesunden Lebensstils durchaus Platz haben kann.
Wer sollte beim Kaffeekonsum besonders aufpassen?
Nicht jede Person reagiert gleich auf Kaffee, Koffein und die Diterpene im Getränk. Einige Gruppen sollten besonders aufmerksam sein, wenn es um ihre Cholesterinwerte und ihr Herz-Kreislauf-Risiko geht.
- Menschen mit bekannten Fettstoffwechselstörungen: Wer bereits erhöhte LDL-Werte oder familiäre Hypercholesterinämie hat, sollte ungefilterten Kaffee (z. B. French Press, türkischer Kaffee) nur in begrenzten Mengen trinken und mit der Ärztin oder dem Arzt über den Kaffeekonsum sprechen.
- Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Bei bestehenden Herzproblemen, Bluthochdruck oder anderen kardiovaskulären Erkrankungen empfiehlt sich ein insgesamt maßvoller Koffeinkonsum und eher der Griff zu gefiltertem Kaffee.
- Schwangere und Stillende: In der Schwangerschaft und Stillzeit wird allgemein eine Begrenzung des Koffeinkonsums empfohlen. Das steht zwar nicht direkt in Zusammenhang mit Cholesterin, ist aber ein wichtiger Gesundheitsaspekt.
- Sensible Personen: Manche Menschen reagieren bereits auf kleine Mengen Koffein mit Herzrasen, Unruhe oder Schlafstörungen. Auch hier ist Zurückhaltung sinnvoll.
Grundsätzlich gilt: Wer unsicher ist oder bereits auffällige Blutwerte hat, sollte individuelle Empfehlungen der behandelnden Ärztin oder des Arztes einholen. Blutuntersuchungen können helfen zu sehen, ob sich die Cholesterinwerte unter bestimmten Konsumgewohnheiten verändern.
Praktische Tipps: Kaffee genießen und Cholesterin im Blick behalten
Die gute Nachricht: In vielen Fällen lässt sich Kaffee so in den Alltag integrieren, dass das Cholesterin nicht unnötig belastet wird. Mit ein paar einfachen Strategien kann der Genuss erhalten bleiben, ohne die Gesundheit zu vernachlässigen.
- Auf gefilterten Kaffee setzen: Wer regelmäßig größere Mengen Kaffee trinkt, ist mit Filterkaffee (Papierfilter) meist auf der sicheren Seite. So werden Cafestol und Kahweol weitgehend zurückgehalten.
- Ungefilterten Kaffee begrenzen: French Press, türkischer Kaffee oder Espresso in sehr hohen Mengen können die Cholesterinwerte erhöhen. Ein gelegentlicher Genuss ist für viele Menschen unproblematisch, doch bei bestehenden Risikofaktoren lohnt es sich, die Menge zu reduzieren.
- Moderaten Koffeinkonsum anstreben: Für gesunde Erwachsene gelten häufig bis zu 3–4 Tassen Kaffee pro Tag als unbedenklich, solange keine Beschwerden auftreten. Diese Empfehlung kann je nach individueller Situation variieren.
- Zucker und Sahne im Blick behalten: Oft sind nicht der Kaffee oder das Koffein das Hauptproblem, sondern Zucker, Sirup, Sahne und fettreiche Milchprodukte. Wer auf das Cholesterin achtet, sollte den Kaffee möglichst wenig gesüßt trinken und zu fettarmen Milchalternativen greifen.
- Gesamten Lebensstil berücksichtigen: Ausgewogene Ernährung, ausreichend Bewegung, Nichtrauchen und ein gesundes Körpergewicht haben meist einen viel größeren Einfluss auf das Cholesterin als die reine Kaffeemenge.
Mit diesen Maßnahmen lässt sich Kaffee bewusst genießen, ohne das eigene Herz-Kreislauf-Risiko unnötig zu erhöhen.
Mythen und Missverständnisse rund um Koffein und Cholesterin
Rund um Kaffee und Koffein kursieren zahlreiche Mythen. Einige davon halten sich hartnäckig, obwohl die wissenschaftliche Datenlage differenzierter ist.
- „Koffein erhöht direkt das Cholesterin“: Die derzeitige Evidenz spricht eher dafür, dass Koffein selbst keinen starken, direkten Effekt auf LDL- oder HDL-Cholesterin hat. Wichtiger sind Diterpene wie Cafestol und Kahweol, die nicht an das Koffein gebunden sind.
- „Kaffee ist grundsätzlich schlecht für das Herz“: Diese Aussage ist zu pauschal. Viele Studien zeigen, dass moderater Kaffeekonsum bei gesunden Erwachsenen nicht mit einem höheren Herzrisiko verbunden ist, teils sogar mit einem leicht reduzierten Risiko. Entscheidend sind individuelle Faktoren und die Zubereitung.
- „Entkoffeinierter Kaffee ist automatisch gesünder“: Entkoffeinierter Kaffee enthält zwar weniger oder kein Koffein, kann aber je nach Herstellung weiterhin Diterpene enthalten. Entscheidend bleibt daher auch hier die Zubereitungsart und nicht nur der Koffeingehalt.
Wer sich über solche Mythen im Klaren ist, kann informiertere Entscheidungen treffen und muss nicht aus Angst vor Cholesterin gänzlich auf Kaffee verzichten.
Fazit: Wie stark beeinflusst Koffein die Cholesterinwerte wirklich?
Die Frage, ob Koffein die Cholesterinwerte beeinflusst, lässt sich nicht mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten. Nach heutigem Wissensstand scheint Koffein selbst nur eine untergeordnete direkte Rolle im Cholesterinstoffwechsel zu spielen. Entscheidend sind vielmehr andere Inhaltsstoffe des Kaffees, insbesondere die Diterpene Cafestol und Kahweol, sowie die Zubereitungsart.
Gefilterter Kaffee über Papierfilter führt kaum zu einem Anstieg der Cholesterinwerte und kann im Rahmen eines gesunden Lebensstils von den meisten Menschen bedenkenlos konsumiert werden. Ungefilterter Kaffee wie French Press oder türkischer Kaffee kann hingegen bei regelmäßig hohem Konsum das LDL- und Gesamtcholesterin erhöhen – insbesondere bei Menschen, die ohnehin ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben.
Wer seine Cholesterinwerte schützen möchte, sollte deshalb nicht nur auf die Menge des Koffeins achten, sondern vor allem:
- bevorzugt gefilterten Kaffee trinken,
- ungefilterte Varianten nur in Maßen genießen,
- Zucker, Sirup und Sahne reduzieren,
- und den gesamten Lebensstil – Ernährung, Bewegung, Rauchen, Gewicht – im Blick behalten.
Auf diese Weise bleibt Kaffee ein Genussmittel, das bewusst in den Alltag integriert werden kann, ohne die Cholesterinwerte unnötig zu belasten. Bei bestehenden Vorerkrankungen oder auffälligen Blutwerten ist es sinnvoll, den Kaffeekonsum mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt zu besprechen und die Empfehlungen individuell anzupassen.



