Feinstaub in Schulen ist ein oft unterschätztes Gesundheitsrisiko. Während wir bei Luftverschmutzung meist an Straßenverkehr oder Industrie denken, werden Klassenzimmer als vermeintlich sichere Räume betrachtet. Studien zeigen jedoch, dass die Feinstaubbelastung in Schulgebäuden zeitweise sogar höher sein kann als draußen – mit möglichen Folgen für Konzentration, Lernleistung und langfristige Gesundheit.
In diesem Artikel erfährst du, wie Feinstaub in Schulen entsteht, welche Auswirkungen er auf Kinder und Jugendliche haben kann und welche konkreten Maßnahmen Schulen, Eltern und Kommunen ergreifen können, um die Luftqualität nachhaltig zu verbessern.
Was ist Feinstaub überhaupt?
Unter Feinstaub versteht man winzige Partikel in der Luft, die so klein sind, dass sie tief in unsere Atemwege eindringen können. Besonders relevant sind dabei zwei Größenfraktionen:
- PM10: Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 10 Mikrometern. Sie gelangen in die oberen Atemwege und Bronchien.
- PM2,5: Noch kleinere Partikel (unter 2,5 Mikrometern), die bis in die Lungenbläschen vordringen und sogar in den Blutkreislauf gelangen können.
Gerade für Kinder, deren Lunge und Immunsystem sich noch in der Entwicklung befinden, stellen diese Partikel ein erhöhtes Risiko dar. Sie atmen im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht mehr Luft ein als Erwachsene und reagieren empfindlicher auf Schadstoffe.
Warum Feinstaub in Schulen ein besonderes Problem ist
Schulen sind Orte, an denen viele Menschen über viele Stunden in relativ geschlossenen Räumen zusammenkommen. Damit entsteht eine besondere Situation:
- Hohe Personendichte in Klassenräumen.
- Lange Aufenthaltsdauer von Kindern und Lehrkräften.
- Häufig unzureichende Belüftung oder veraltete Gebäudetechnik.
- Zahlreiche Feinstaubquellen sowohl im Gebäude als auch auf dem Schulgelände.
Im Gegensatz zu öffentlichen Plätzen können Kinder sich der Belastung kaum entziehen. Sie verbringen einen Großteil ihres Alltags in der Schule und sind damit potenziell über Jahre hinweg Feinstaub ausgesetzt.
Hauptquellen für Feinstaub in und rund um Schulen
Feinstaub in Schulen entsteht aus einer Vielzahl unterschiedlicher Quellen. Einige davon sind offensichtlich, andere auf den ersten Blick eher überraschend.
Verkehr und Anfahrtszonen
Viele Schulen liegen an stark befahrenen Straßen oder in dicht bebauten Stadtgebieten. Vor allem die sogenannten Elterntaxis tragen zur erhöhten Belastung bei:
- Abgase und Reifenabrieb von Autos und Bussen.
- Feinstaub durch Bremsen, insbesondere in Stoßzeiten.
- Staus und laufende Motoren direkt vor dem Schultor.
Die belastete Außenluft gelangt anschließend über Fenster, Türen und Lüftungsanlangen in die Klassenräume.
Innenraumquellen im Klassenzimmer
Auch im Inneren des Schulgebäudes gibt es zahlreiche Feinstaubquellen, die oft unterschätzt werden:
- Kreidestaub: Klassische Tafelkreide setzt beim Schreiben und Wischen feine Partikel frei.
- Schulmaterialien: Papiere, Bücher, Kunststoffe und Bastelmaterial können beim Gebrauch Staubpartikel abgeben.
- Möbel und Bodenbeläge: Alte Teppiche, Polstermöbel oder beschädigte Böden können Staub binden und beim Begehen wieder aufwirbeln.
- Reinigungsmittel: Trockene Reinigungsverfahren, wie Fegen statt Wischen, wirbeln zusätzlich Staub auf.
Hinzu kommt der sogenannte Resuspensionsstaub: Partikel, die sich auf Flächen absetzen und durch Bewegung – etwa laufende Kinder oder das Verrücken von Stühlen – wieder in die Luft gelangen.
Schulhof, Sport und Pausenbereiche
Auch Aktivitäten im Freien können die Feinstaubbelastung beeinflussen:
- Unbefestigte Flächen, Sandkästen und Sportplätze können bei Trockenheit Staub aufwirbeln.
- Laubbläser und andere Gartengeräte setzen große Mengen an Partikeln frei.
- Raucherbereiche in der Nähe von Eingängen erhöhen lokal die Belastung.
Kehrt die Klasse nach der Pause in den Raum zurück, bringen Kinder einen Teil der Partikel an Kleidung und Schuhen mit hinein.
Gesundheitliche Folgen von Feinstaub für Kinder
Die gesundheitlichen Auswirkungen von Feinstaub sind gut belegt – insbesondere für empfindliche Gruppen wie Kinder, Asthmatiker oder Allergiker. In der Schule können sich diese Effekte unmittelbar auf Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit auswirken.
Akute Beschwerden im Schulalltag
Bereits kurzfristige Belastungen können Symptome auslösen, die im Schulalltag häufig sind, aber nicht immer mit Luftqualität in Verbindung gebracht werden:
- Reizung der Augen, Nase und Rachen.
- Kopfschmerzen und Müdigkeit.
- Husten, Atembeschwerden und Engegefühl in der Brust.
- Verschlechterung von Asthma und Allergien.
Solche Beschwerden führen dazu, dass Kinder sich schlechter konzentrieren können, unruhiger sind oder häufiger im Unterricht fehlen.
Langfristige Risiken für die Gesundheit
Dauerhafte Feinstaubbelastung kann langfristige gesundheitliche Folgen haben. Dazu gehören unter anderem:
- Chronische Atemwegserkrankungen wie Bronchitis oder Asthma.
- Beeinträchtigung der Lungenentwicklung bei Kindern.
- Erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen im späteren Leben.
Je früher Kinder belastenden Umgebungen ausgesetzt sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Effekte auf ihre spätere Gesundheit auswirken.
Einfluss auf Konzentration und Lernleistung
Neben den medizinischen Aspekten spielt auch der Bildungserfolg eine Rolle. Forschungen zeigen, dass eine hohe Feinstaub- und Schadstoffbelastung in Klassenräumen mit schlechterer Konzentrationsfähigkeit und geringeren Testergebnissen einhergehen kann.
Wenn Kinder aufgrund von Kopfschmerzen, Atembeschwerden oder Müdigkeit weniger aufmerksam sind, sinkt ihre Lernleistung. Zudem führen häufige Fehlzeiten durch Erkrankungen zu Lernlücken, die sich über die Schuljahre summieren können.
Wie lässt sich Feinstaub in Schulen messen?
Um gezielt handeln zu können, müssen Schulen zunächst wissen, wie stark ihre Klassenräume tatsächlich belastet sind. Hierfür gibt es unterschiedliche Ansätze:
- Mobile Messgeräte: Tragbare Feinstaubmessgeräte liefern in Echtzeit Daten zu PM10 und PM2,5 in einzelnen Räumen.
- Stationäre Messstationen: Feste Sensoren im Schulgebäude ermöglichen eine kontinuierliche Überwachung der Luftqualität.
- Luftqualitäts-Apps und öffentliche Daten: Offizielle Messstationen geben Hinweise auf die Außenluftqualität, die Rückschlüsse auf die Belastung in der Schule erlaubt.
Eine Kombination aus punktuellen Messkampagnen und dauerhafter Überwachung ist besonders hilfreich, um Probleme zu erkennen und den Erfolg von Maßnahmen zu kontrollieren.
Praktische Maßnahmen zur Reduktion von Feinstaub
Die gute Nachricht: Es gibt zahlreiche wirksame Schritte, mit denen Schulen und Schulträger die Feinstaubbelastung deutlich senken können. Viele davon lassen sich mit überschaubarem Aufwand umsetzen.
Besser lüften – aber richtig
Regelmäßiges Lüften gehört zu den einfachsten und gleichzeitig wichtigsten Maßnahmen. Dabei kommt es jedoch auf die richtige Strategie an:
- Stoß- und Querlüften statt dauerhaft gekippter Fenster, um in kurzer Zeit viel Luft auszutauschen.
- Lüftungsintervalle von 5–10 Minuten alle 20–30 Minuten, insbesondere in vollen Klassenräumen.
- Außenluftqualität beachten: An stark befahrenen Straßen, nach Möglichkeit in verkehrsarmen Zeiten lüften.
Wo möglich, sollten Schulen Fensterlüftung durch technische Lüftungsanlagen ergänzen, die Feinstaub filtern können.
Luftreiniger und Filtertechnik
Luftreiniger mit hochwertigen Filtern (beispielsweise HEPA-Filter) können einen spürbaren Beitrag zur Reduktion von Feinstaub leisten. Wichtig dabei sind:
- Ausreichende Dimensionierung für die Raumgröße.
- Regelmäßige Wartung und Filterwechsel.
- Geräte mit geringem Geräuschpegel, um den Unterricht nicht zu stören.
Luftreiniger ersetzen jedoch nicht das Lüften, sondern ergänzen es. Neben Feinstaub können sie auch Pollen, Sporen und zum Teil Krankheitserreger aus der Luft filtern.
Verkehr rund um die Schule reduzieren
Ein großer Hebel liegt außerhalb des Gebäudes: der Verkehr vor der Schule. Gemeinsam mit Eltern, Kommunen und Verkehrsverbünden können Schulen folgende Maßnahmen anstoßen:
- Einrichtung von Elterntaxi-freien Zonen oder Haltebereichen in größerer Entfernung.
- Förderung von Lauf- und Fahrrad-Bus-Konzepten, bei denen Kinder in Gruppen gemeinsam zur Schule kommen.
- Bessere ÖPNV-Anbindung und sichere Rad- und Fußwege.
- Tempolimits und Verkehrsberuhigung im direkten Schulumfeld.
Solche Maßnahmen verbessern nicht nur die Luftqualität, sondern erhöhen gleichzeitig die Sicherheit auf dem Schulweg und fördern Bewegung.
Innenräume staubarm gestalten
Auch die Gestaltung und Pflege der Innenräume spielt eine große Rolle. Mögliche Ansätze sind:
- Verzicht auf oder Reduktion von Teppichböden in stark frequentierten Bereichen.
- Verwendung von glatten, leicht zu reinigenden Oberflächen für Möbel und Böden.
- Feuchtreinigung statt Trockenfegen, um Staub nicht nur aufzuwirbeln, sondern tatsächlich zu entfernen.
- Regelmäßige, gründliche Reinigung von schwer zugänglichen Flächen wie Schränken und Regalen.
Auch die Umstellung von stark staubender Tafelkreide auf Whiteboards oder digitale Tafeln kann die Feinstaubbelastung im Klassenzimmer deutlich senken.
Bewusstseinsbildung bei Lehrkräften, Eltern und Schülern
Technische Lösungen allein reichen oft nicht aus. Langfristig entscheidend ist ein Bewusstsein für das Thema Luftqualität bei allen Beteiligten.
- Information für Lehrkräfte über gesundheitliche Risiken und gute Lüftungs- und Reinigungspraktiken.
- Einbindung der Eltern, etwa durch Informationsabende zu Verkehr, Elterntaxis und gesundem Schulweg.
- Projekte mit Schülern, bei denen Luftqualität gemessen, visualisiert und gemeinsam Verbesserungsmaßnahmen erarbeitet werden.
Wenn Kinder verstehen, warum frische Luft wichtig ist, beteiligen sie sich aktiver an Lüftungsritualen und achten selbst auf ein gesundes Raumklima.
Politische und strukturelle Verantwortung
Schulleitungen und Lehrkräfte können vieles bewegen, stoßen aber häufig an strukturelle Grenzen. Darum ist es wichtig, dass auch Schulträger, Kommunen und Länder Verantwortung übernehmen:
- Investitionen in energetische Sanierung und moderne Lüftungssysteme.
- Förderprogramme für Luftreiniger und Sensorik zur Überwachung der Luftqualität.
- Städtebauliche Konzepte, die Schulstandorte besser vor Verkehrsemissionen schützen.
- Verankerung von Innenraumluft-Richtlinien in Schulbau- und Sanierungsstandards.
Nur wenn bauliche, technische und organisatorische Maßnahmen zusammenspielen, lässt sich die Feinstaubbelastung an Schulen dauerhaft senken.
Fazit: Gesunde Luft ist Bildungsvoraussetzung
Feinstaub in Schulen ist unsichtbar, aber nicht harmlos. Er kann die Gesundheit der Kinder beeinträchtigen, ihre Konzentrationsfähigkeit mindern und langfristig zu ernsthaften Erkrankungen beitragen. Gleichzeitig gibt es eine Vielzahl umsetzbarer Maßnahmen, um die Luftqualität deutlich zu verbessern – von der Verkehrsberuhigung über Luftreiniger bis hin zu besserer Reinigung und Lüftung.
Gesunde Luft im Klassenzimmer ist keine Luxusfrage, sondern eine grundlegende Voraussetzung für gutes Lernen und gerechte Bildungschancen. Schulen, Eltern, Politik und Gesellschaft sollten Feinstaub daher nicht länger als Randthema betrachten, sondern als zentralen Bestandteil moderner, kindgerechter Lernumgebungen.
Wer sich frühzeitig um saubere Luft kümmert, schützt nicht nur die Gesundheit der heutigen Schülerinnen und Schüler, sondern investiert in die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität der Gesellschaft von morgen.



